- Tagebuch: 03.12.18 ———
Aktuell nehme ich 40mg Kortison täglich, dazu Pantoprozol als Magenschutz. Vorbereitung auf die Therapie. Beginn ist übermorgen, also am Mittwoch. das Dexamethason alleine hilft schon sehr gut. Keine Schmerzen, kein Husten, kein Zwicken oder Zwacken. Dafür bin ich recht aufgekratzt und habe ab und zu Schluckauf. Außerdem geht es langfristig auf Muskeln und Knochen. Aber in Anbetracht der Situation ist das das geringere Übel. Ohne Behandlung würde ich wohl einfach irgendwann sterben. Das sagt man sich auch nicht alle Tage.
Haben heue mit Günter Matratzen im Ikea getauscht. Je zwei einzelne, eine mittelhart, eine hart, gegen eine große mittelharte. Nachdem ich einiges an Gewicht verloren habe, schlafe ich auf einer weicheren Matratze wieder besser. Zudem sind jegliche Varianten an Toppern und T-Stücken zum Verbinden zweier getrennter Matratzen einfach nutzlos.
Gab und gibt noch einige Dinge zu organisieren. Arbeit, Büro, Krankenkasse, Familie. Aber bin ganz gut aufgestellt und zuversichtlich. Immerhin laut Arzt eine Heilungschance von 90%. Ziemlich gut für Krebs.
- Tagebuch: 04.12.18 ———
Heute den ganzen Tag Regen, nur nachmittags klart es kurz auf. Bin soweit fit aber etwas benebelt, was aber nicht groß stört. Habe eh nicht viel zu tun außer ein paar Telefonate. Versuche mich so gut es geht durch Hausarbeit abzulenken, was auch funktioniert und den Vorteil hat, dass es aussieht wie geleckt. Stunden damit verbracht, das BlackBerry aus der Arbeit zu aktualisieren. Lächerlich umständlich. Verstehe gar nicht, wer solche Geräte freiwillig benutzt.
Etwas Post verschickt, ein paar Rahmen im Büro deponiert. Ungewiss wie es da weitergeht. Herrliche Lage, ein wunderbar freies Arbeitsgefühl. Aber jetzt erstmal wieder gesund werden. Schon mal alles gepackt, morgen bekomme ich einen vollständigen Therapie- und Medikationsplan. Mit was man sich alles auseinandersetzen muss. Gewöhnungsbedürftig aber machbar schätze ich.
- Tagebuch: 05.12.18 ———
Hektik am morgen. Kurzerhand noch einmal zur Kryokonservierung um 8 Uhr. Sehe hier immer wieder junge Männer mit verunsicherten Gesichtern. Viele Geschichten, Schicksalsschläge. Ich erledige was zu tun ist und gehe direkt in die Ambulanz für den ersten Infusionstag. Auf dem Weg dahin noch eine Telefonkarte für WLAN besorgt. 1€ pro Tag, ganz in Ordnung aber organisatorisch zu umständlich. Karte an der Anmeldung holen, Karte aufladen, Service buchen. Aber erstmal eingerichtet funktioniert immerhin alles.
Bekomme 3 Beutel Chemo und dazu Schutz für Blase und viel NaCl- Lösung zum spülen. Geht zügig voran, werde um 10 angestochen und bin um 14 Uhr fertig. Bin etwas benommen und abgeschlagen. Alles was ich eingenommen habe, beginnt langsam zu wirken. Olga holt mich ab und wir essen daheim recht früh zu abend. Beide platt vom Tag.
Noch viele Gedanken, bin aber zu schwach mich zu konzentrieren. Notizen helfen. Kurz ein paar Minuten raus, die kalte Luft des Waldes einsaugen.
- Tagebuch, 06.12.18 ———
In der ersten Nacht ganz gut geschlafen. Früh schnell was kleines gegessen und als der Taxifahrer klingelt, hastig die zum Glück schon gestern sortierten Medikamente für den Tag eingeworfen. Wie eine Handvoll bunter Gummibärchen. Viel Verkehr nach Erlangen, brauche fast 45 Minuten. Werde aber zügig versorgt. Nur ein Beutel, dazu Spülung. Bin vor 11 Uhr fertig und fahre wieder nach Hause. Körper geht, Kopf schwimmt. Kann mich für nichts begeistern. Das miese Wetter tut sein übriges.
Hunger geht, Geschmack lässt aber nach. Fernsehen und Radio in jedem Zimmer lenkt mich etwas ab von der Erschöpfung. Ein paar kleine Besorgungen. Brauche jetzt weiche Zahnbürsten und Mundschutz.
- Tagebuch: 07.12.18 ———
Morgens Magenstechen. Unruhig geschlafen, wie gerädert aufgewacht. Wieder ins Krankenhaus, Chemo, wieder heim. Unterhalte mich mit einem anderen Patienten, anstrengend aber interessant. Kann nicht einordnen ob er Ahnung hat oder so tut. Allerdings kommen Professor und Oberarzt direkt zu ihm und alle fachsimpeln über Blutwerte und komplizierte Transfusionen. Also wohl eher ein Kollege. Er erzählt von Italien und München und das das eigentlich schlimme ist, das Rauchen aufzuhören, nicht, damit anzufangen. Schwindelig nehme ich einen Schluck Wasser und nicke. Er hat deutlich mehr Beutel angeschlossen als ich, und auch die Ärzte klingen ernster bei ihm. Redet aber viel und munter, was mich gleichzeitig nervt und aufbaut. Die letzten Tage hätte er sich schon mal überlegt, einfach Schluss zu machen. Ich sage, ich auch. Aber es geht halt mal so, mal so.
Dazu Probleme mit den Ohren. Höre mich selbst oft beim Atmen und Sprechen. Autophonie. Belüftungsstörung der eustachischen Röhre. Können tausend Sachen sein, auf jeden Fall kommt es durch die Chemo öfter. Sammle jetzt seltene Erkrankungen.
Erstmal etwas an die frische Luft.
- Tagebuch: 15.12.2018 ———
Zwei Wochen rumgebracht. Nicht viel angesichts kommender Herausforderungen, aber irgendwie, von Tag zu Tag, gehts es weiter. Habe gerade in den ersten Nächten unter Einfluss der Chemotherapie viel Verrücktes geträumt. Von Chinesen und einem Hotel und Karl Lagerfeld, der jetzt Onkologe ist und mir bescheinigt, wieder ganz gesund zu werden. Aber das scheint wohl so zu sein. Immerhin schlafe ich ganz ok, wenn auch meist nur im Takt von 2 Stunden. 90mg Prednisolon am Tag knallen einfach ohne Ende und machen mich unruhig und depressiv.
Komme gerade von einem Spaziergang und fühle mich recht gut. Die Lethargie und das Nichtstun sind für mich größere Belastungen als die physischen Nebenwirkungen glaube ich. Ablenkung ist alles und ich versuche in kleinen Etappen kleine Projekte umzusetzen. So haben wir angefangen, das Esszimmer zu streichen. Schaffe eine viertel Wand und lege mich dann eine Stunde hin. Bin zufrieden mit dem Schnitt.
Bin noch gar nicht sicher wie es hier mit den Texten weitergeht. Schwanke zwischen vollständiger Löschung und detailliertem Tagebuch mit Hintergrundinfos, Tips und wirren Anekdoten. Vielleicht auch ein Mittelding.
- Tagebuch: 16.12.18 ———
Erster Schnee das Jahres. Ohrensausen beim Aufstehen. Den ganzen Tag bei der Familie verbracht, Rouladen, Nudeln, Plätzchen, viel Tee. Schaffe 3 Liter am Tag. Zudem leichte Knochenschmerzen durch die Filgrastrim-Spritze, die die Bildung neuer Leukozyten anregt. Eigne mir zunehmend ganz gutes Fachwissen an. Könnte ich aber auch drauf verzichten.
- Tagebuch: 18.12.18 ———
Heute relativ gut und fit gefühlt. Aber Knochenschmerzen wie ein alten Mann. Leukozyten immerhin wieder bei 5000. Langer Spaziergang hat gut getan und das sonnige Wetter hebt die Stimmung.
- Tagebuch: 21.12.18 ———
Zwinge mich zur Weihnachtsstimmung, was mit viel Gedudel im Radio und kiloweise Kokoksmakronen erstaunlich gut klappt. Nebenwirkungen vom ersten Zyklus werden weniger, nehme in der dritten Woche ja nur noch alles möglichen gegen Bakterien, Viren und Pilze. Kopf wird etwas ruhiger ohne Cortison, dafür setzen aber wieder Schmerzen hier und da ein. Hinnehmbar, alles auf einmal geht halt nicht. Immerhin tut die Neulasta-Spritze was sie soll und meine Leukoyzten sind von 350 auf 22.000 geschossen. Kann also wie geplant weitergehen nächste Woche. Bis dahin ist eigentlich nur möglichst viel essen geplant, da kommen mir die Feiertage ganz gelegen.
- Tagebuch: 27.12.18 ———
Entgegen meiner Befürchtungen habe ich mich in der letzten Woche schon fast sensationell erholt. Quasi alle Nebenwirkungen sind langsam abgeklungen. Keine gereizten Schleimhäute, Verdauung ok, Hunger gut, wieder 2kg zugenommen, Schlaf auch besser. Weihnachten war tatsächlich eines der schönsten der letzten Jahre. Stimmt schon, durch solch einschneidende Ereignisse weiß man plötzlich gerade die einfachen, banalen Dinge mehr zu schätzen. Erstmal Facebook von allen Mobilgeräten gelöscht. Zurück zu einfachen Sachen. Ein Buch lesen, Blog schreiben. Werde weich. Fühlt sich aber richtig an.
Während ich hier schreibe und dabei immernoch Weihnachtslieder höre um den unglaublich nervigen Patienten im Behandlungszimmer auszublenden, der zum fünften Mal allen anderen Patienten, Schwestern und Ärzten von seinem neuen Motorrad erzählt, das er ja so günstig ergattert hat, währenddessen läuft bereits die nächste Ladung Chemo und der zweite Zyklus BEACOPPesk beginnt. Spätestens heute Abend bin ich wieder total platt für die nächsten zehn Tage. Aber immerhin mit der Gewissheit, dass nach dem Tief wieder ein Hoch kommt. Vielleicht gehe ich sogar nochmal in den Wald später. Einfache Dinge.
- Tagebuch: 01.01.19 ———
Olga sagt, ich soll doch nicht immer so neutral sein. Ich bin doch kein Gegenstand.
- Tagebuch: 04.01.19 ———
Schreibe jetzt auch kurze Einträge vom Iphone aus. Bequemlichkeit ist Trumpf, durch die viele Zeit daheim versuche alle möglichen Prozesse zu optimieren, vereinfachen, entschleunigen. Überflüssig aber macht Spaß.
Zudem wird die Wohnung immer schicker da mir ständig was neues einfällt zur Einrichtung.
Mittlerweile die Hälfte des zweiten Zyklus geschafft, gestern wie immer in der zweiten Woche des Zyklus das Vincristin gespritzt bekommen. Mögliche Komplikation Lungenfibrose und das wars dann. Darf man gar nicht drüber nachdenken. Aber kann überall alles passieren, also was solls. Geht mir den Umständen entsprechend gut. Ohne akute Chemo die den Körper zerballert wirkt diese Woche vor allem das Kortison und lässt mich nicht schlafen. Ab und zu etwas Bauchweh, vielleicht vom Ciprofloxacin gegen bakteielle Infekte. Aber Novalgin und Pantoprazol regeln. Ein buntes Potpourri an Medikamenten. Hab aber auch einen Apfel gegessen, zum Ausgleich.
- Tagebuch: 05.01.19 ———
Heute nacht ziemliche Bauchschmerzen. Dazu Wärmflasche beim Befüllen ausgerutscht und die Leiste verbrüht. Ganz schön was geschafft. Wetter heute richtig mies, Pläne für ausgiebigen Spaziergang verschoben. Olga ist sauer, aber ich muss halt aufpassen. Erstmal auf die Couch.
- Tagebuch: 10.01.19 ———
Verwahrlose scheinbar etwas. Mich stört es nicht. Kann mich gut ablenken daheim. So stelle ich zum Beispiel nach und nach alles an Haushaltsgeräten, Computerkram und sonstigem überflüssigen Unrat, der sich über die Jahre als gut gemeinte Geschenke oder Mitbringsel in allen Regalen und Schubladen auf Dachboden, im Keller und der Wohnung ansammelt, bei eBay Kleinanzeigen ein. Sogar schon bisschen Umsatz gemacht. Heute kam mittags eine junge Frau einen Artikel abholen. Die war ziemlich schnell wieder weg. Sehe jetzt ohne Haare und mit heller Haut auch recht autoritär aus. Was wiederum die Adidas-Jogginghose eigentlich aufheben sollte. Aber das leicht fleckige T-Shirt wars wohl. Kann sie ja nicht wissen, dass ich aufgrund der starken Medikation recht gereizte Schleimhäute habe und dadurch immer mal Nasenbluten bekomme. Dafür hat sie jetzt ein leicht gebrauchtes Siemens Gigaset AS285 für 10 Euro. Habe dann aber doch lieber wieder was dunkles angezogen.
Die letzten Tage waren sonst ganz erholsam und ich war viel an der frischen Luft. Nachts zwei Stunden immer wieder abwechselnd Krämpfe unten am Fuß und Olga, die mich anstupst, weil ich schnarche. Vielleicht hilft etwas Magnesium.
- Tagebuch: 12.01.19 ———

Heute früh um 7 Uhr aufgewacht vom Nachbarn der unten den Schnee vom Gehsteig schiebt und direkt ganz warm und behütet gefühlt.
Habe die Kategorien hier wieder fusioniert. Text und Bild, alles gehört zusammen.
- Tagebuch: 14.01.19 ———
Gerade nichts zu tun und mit Olga in die Innenstadt gefahren, ein Geschenk für eine Freundin suchen. Also eigentlich sucht sie, die ein, zwei Sachen die ich brauche, hab ich nach fünf Minuten gefunden. Ein großes Blatt Bastelfilz, um mir daraus eine Hülle fürs MacBook zu basteln. Ablenkung halt. Innenstadt ist aber auch scheisse. Vor allem hier in Nürnberg. Leute scheisse, Läden scheisse, Architektur scheisse, alles scheisse. Außerdem tröpfelt es schon wieder.
Gesundheitlich heute ganz gut drauf, Lymphknoten am Hals schmerzen etwas. Wohl noch von der Lonquex-Spritze.
Schaffe hoffentlich diese Woche noch, mal wieder einen Satz Bilder und ein paar Hintergrundinfos zu meiner Erkrankung zu posten.
- Tagebuch: 17.01.19 ———
Dinge, die ich in der Apotheke aus Mitgefühl geschenkt bekomme, wenn ich Medikamente abhole:
3 Packungen Ricola Bonbons
4 kleine Keramikengel mit LED-Lämpchen innen
1 Flasche Rabenhorst Saft Traube & Schwarze Johannisbeere
7 Päckchen Taschentücher
2 Fotokalender für 2019
Liste wird fortgesetzt.
- Tagebuch: 24.01.19 ———

Soweit alles ok. Bin übertrieben aktiv durch Eigenmotivation und die tägliche Dosis Prednisolon. Weiterhin 90mg, Blutwerte passen, daher keine Anpassung notwendig. Soll mir recht sein. Nach dem Frühstück gibt es also wie immer eine Handvoll erlesener Pillen und der Tag kann starten. Ab Mittag kickt das Kortison und es geht rund.
Vormittags etwas Abwasch, Wäsche waschen, Wohnung aufräumen, normales Hausmanns-Pensum. Gegen Mittag finde ich meist irgendwas zum umräumen, einsortiern, umorganisieren, rumschieben und aufhängen. Danach oft technische Phase: Festplatten synchronisieren, Fotos katalogisieren, Kleinanzeigen checken, Cloudspeicher bereinigen, Backups machen. Irgendwas ist immer zu tun. Dazwischen ganz gewissenhaft eine Stunde Spaziergang an der kalten Luft und ein paar Liegestütze oder Crunches, je nach Verfassung halt. Nicht wirklich als Sport zu betiteln, aber besser als nichts und es hilft schon sehr.
Gegen Nachmittag drehe ich richtig auf und räume auf dem Dachboden oder im Keller rum. Zwischendurch ein Glas frischen Tomatensaft den mir die Nachbarin bringt. Für die Gesundheit. Ungespritzt, direkt aus dem Garten. Ergänzt sich gut mit den 200mg Natulan, der oralen Chemo. Abends, bevor ich zum Glück langsam wieder runterfahre, versuche ich, hier und da ein wenig zu lesen. Zum Beispiel die ganzen alten Studienunterlagen aus dem Ingenieurstudium. Muss das Wissen über thermodynamische Hauptsätze und werkstoffabhängige Produktionsverfahren auffrischen. Wer weiß, wann ich das wieder brauche. Kann jederzeit soweit sein. Dann eine Stunde Dschungelcamp und Hirn wieder auf null.
- Tagebuch: 25.01.19 ———
Neue AU-Bescheinigung fast verschwitzt. Mit Krankenkasse telefoniert, alles ok. Nette Dame in der Leitung beim Beenden des Gesprächs: „Na dann Herr Lock, halten Sie die Ohren steif!“. Erfrischend normal.
- Tagebuch: 26.01.19 ———
Zahlen und Fakten. *Sitzt neben dir auf der Parkbank* Meine Mama hat immer gesagt, das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen. Man weiß nie, was man kriegt. So gibt es zum Beispiel eine maligne Erkrankung des Lymphsystems, die nennt sich Hodgkin-Lymphom. Dieses wird histologisch durch das Auftreten spezieller Sternberg-Reed-Zellen vom Non-Hodgkin-Lymphom abgegrenzt. Nur etwa 0,4% der Bevölkerung erkranken daran, statistisch gesehen mehr Männer als Frauen und häufig im jungen Erwachsenenalter. Das klassische Hodgkin-Lymphom wird in verschiedene Typen kategorisiert, von welchen wiederum der nodulär-sklerosierende Typ mit rund 80% am häufigsten auftritt. Schwellungen der Lymphknoten bleiben oft unbemerkt, vor allem wenn das wie bei mir im vorderen Mediastinum der Fall ist. Dort spüre ich nicht so oft hin. Spürbar sind dann aber sogenannte B-Symptome, die auftreten können, aber nicht müssen und sehr unspezifisch sind. Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsabnahme, Leistungsminderung. Eventuell Splenomegalie.
Die Diagnose erfolgt zunächst durch eine Kontrolle der Blutwerte. Eine Leukozytose, Lymphopenie sowie ein hoher CRP-Wert indizieren eine Erkrankung. Zudem auch eine Anämie und damit einhergehender Eisenmangel bei gleichzeitig erhöhtem Ferrtinwert. Im weiteren Verlauf folgt ein Staging zur Bestimmung des Krankheitsstadiums, hierfür kommen diverse bildgebende Verfahren wie Thorax-Computertomografie, Sonografie und Magnetresonanztomografie zum Einsatz. Anschließend werden durch Biopsien wie Feinnadelpunktion in den Brustkorb (hatte 2) oder direkt Mediastinoskopie oder Mediastinotomie (hatte 1, war toll und mir wurde sogar ein Stück Rippenknochen entfernt, das ich leider nicht mit nach Hause nehmen durfte.) Gewebeproben zur hist-pathologischen Untersuchung entnommen. Sind alle Informationen zusammengetragen, erfolgt ein Staging gemäß Ann-Arbor-Klassifikation, welche die Erkrankung in 4 Stadien einteilt: I bis IV eben, je nach Status mit zusätzlichen Vermerken für Risikofaktoren wie bulk, B-Symptome, hohe BSG und so weiter.
Dementsprechend wird gemäß fester Protokolle eine entsprechende Therapie eingeleitet, die aus Chemotherapie und Strahlentherapie besteht. Hierbei kommen standardmäßig die Schemata BEACOPPesk sowie ABVD zum Einsatz, welche sich in festen Zyklen je nach Protokoll wiederholen. Ein Zyklus sind bei mir 3 Wochen, ich bekomme voraussichtlich 6 Zyklen. Das alles geschieht ambulant und dauert je Therapietag zwischen 2 und 4 Stunden. Jeder Zyklus beinhaltet 4 Therapietage. Das macht also 6 Zyklen mal 4 Tage gleich 24 Termine in der Therapieambulanz der Medizin 5, der onkologischen Therapieambulanz des Universitätsklinikums Erlangen. Dort sind alle ganz nett. Weitere Termine sind nötig, wenn während der Therapie etwa die Blutwerte zu sehr abfallen. So werden beim Hausarzt mittels kleinem Blutbild jede Woche 2 mal Leukozyten (Normalwert t3.800-10.500/µl), Thrombozyten Normalwert 140.000-345.000/µl und Hämoglobin (Normalwert13,5-17 g/dl) kontrolliert. Bei zu niedrigen Werten wird kurzfristig mit Blutkonserven stabilisiert oder eine Pause der Therapie verordnet.
Die Prognose für das Hodgkin-Lymphom ist überraschend gut, die Fünf-Jahres-Überlebensrate liegt mittlerweile bei über 90%, auch für fortgeschrittene Stadien. Mehr einfach verständliche Infos folgen.
- Tagebuch: 28.01.19 ———
Cortison unlimited. Habe heute Blut beim Hausarzt abgegeben, bin ins Büro gelaufen, habe dort mit dem Nachmieter Vertragsunterlagen besprochen, Müll entsorgt, restliche Klebefolie vom Fenster geknibbelt, Briefkasten geleert. Dann zurück zum Schreibwarenladen spaziert, Tinte besorgt, auf dem Heimweg mit Nachbar und Lauser, dem Dackel, Gassi gelaufen und gequatscht. Alles Wichtige erledigt. Jetzt ist es neun Uhr, Olga steht gleich auf.
- Tagebuch: 01.02.19 ———
Handtücher gebügelt und Miles Davis gehört.
- Tagebuch: 02.02.19 ———
Heute endlich mal wieder für ein Projekt fotografiert. Also nicht nebenbei dokumentiert wie immer. Was auch wichtig ist. Sondern richtig Zeit genommen, Filme gepackt, Kopfhörer geladen, raus gefahren. Neues Industriegebiet erschlossen. Zumindest teilweise. Dieses ist ziemlich groß und verstrickt, werde Monate zu tun haben. Was gut ist. Gut auch, endlich wieder mit 6×7 zu arbeiten.
Perfektes Wetter for Portra. Leicht bedeckt, diffuses Licht. Diffuse Gedanken. Bin soweit recht fit, das meiste an Medikamenten ist mittlerweile wieder ausgeschwemmt. Meine Fingerspitzen sind etwas kribbelig, wie leicht eingeschlafen. Neuropathie ist eine häufige Nebenwirkung der Chemo. Kann 1-2 Jahre dauern, bis das wieder vergeht. Naja.
Auf jeden Fall ist die Gegend motivisch recht komplex, werde bald wieder hier sein. Wird mit zunehmender Entfernung von der Zufahrtsstraße interessanter. Erst türkischer Supermarkt, verlassene Industriebauten, dann ein paar geparkte 40-Tonner und Transporter mit Neuwagen, später Mülldeponie und Reste von Autokarosserien. Gleise und Gebüsch und verlassene Höfe von „Import Export International“ und „Autoteilehandel“ und so weiter. Noch später verlotterte Schreberhüttchen und notdürftig gezimmerte Behausungen inmitten von Schrott und Müll, umzäunt von verrostetem Stacheldraht, hier und da brennt ein Licht im Fenster. Dazwischen ein dicker Benz oder ein aufgemotzter 3er mitten in der Pampa. Wie in True Detective. Nur ohne Bayou. Auf dem Rückweg ist es schon fast dunkel. In einiger Entfernung sehe ich zwei Männer, die über dem Kofferraum eines Autos lehnen. Als die mich sehen, machen sie langsam die Heckklappe zu und schauen mir einige Zeit hinterher. Mir egal. Was soll mir noch passieren, denke ich mir. Deadpool in langweilig.
Abends noch ein „Detox you feelings“-Tee, hat Olga im dm besorgt. Nächster Zyklus kann kommen.
- Tagebuch: 06.02.19 ———
Start 4. Zyklus. Alle Werte ok, keine Anpassung notwendig. Immerhin. Habe bemerkt, dass das Cyclophosphamid meine Nasenschleimhäute reizt. Während das also für 60 Minuten infundiert wird, brennt es leicht beim Atmen durch die Nase. Haha.
- Tagebuch: 09.02.19 ———

Wieder 3 Tage Infusion geschafft, Pause bis Mittwoch. Heute wieder die Lonquex-Spritze gesetzt. Schon die vierte. Jede kostet ja rund 1600 Euro, da kommt ganz schön was zusammen. Ein Hoch auf die Krankenkassen.
Viel fotografiert und geschrieben. Brauche eine neue Uhr und eine neuen Füller. Tips willkommen.
- Tagebuch: 12.02.19 ———
Olga ist jetzt für eine Woche bei ihren Eltern. Braucht auch mal Zeit für sich, total verständlich natürlich. So kann ich mich auch ein wenig mehr ausruhen, jetzt im vierten Zyklus schlaucht die ganze Chose schon ein wenig. Selbstversorgung steht auf dem Plan. Olga hat extra für mich eingekauft. Zwei Kilo Hack. Rezeptempfehlungen werden dankend entgegengenommen.
- Tagebuch: 14.02.19 ———
Bin etwas angeschnupft. Am besten hilft da immer noch trinken viel viel trinken. Gefiltertes Wasser. Und hochdosiertes Aciclovir, Cotrimoxazol und Ciprofloxacin. Und ein wenig frischer Ingwer ins Wasser.
- Tagebuch: 16.02.19 ———
Gestern Fahrrad gefahren und Treppen gestiegen, musste mich danach erstmal eine halbe Stunde hinlegen. Blutwerte ziemlich weit unten, Leukozyten und Hb (Hämoglobin). Unter 10 g/dl ist man da schon merklich schlapp und müde. Normal sind etwa 14-18. Hatte gestern 7,7, kann schon vorkommen. Wenn der Wert weiter fällt, gibts einfach einen Beutel frisches Blut in Form von Erythrozytenkonzentrat über den PowerPort infundiert und ich bin wieder good to go. Aber das Blut erholt sich normalerweise auch selbst wieder langsam. Ausruhen angesagt. alles in Zeitlupe und nichts anstrengendes. Einen Film entwickeln, etwas bügeln, lesen und schreiben, Pastewka gucken. Aus dem Fenster gucken. Super Wetter heute.
- Tagebuch: 19.02.19 ———
Blutwerte besser. Hb immer noch sehr niedrig aber mit 8,1 heute im Vergleich zu 7,7 am letzten Freitag immerhin steigend. Bin noch recht blass, sehe aus wie eine Wasserleiche mit bunter Mütze und schicker Brille. Und rieche stark nach Knoblauch, haben gestern griechisch gekocht (Hack!).
Sonst sind die Tage eher ruhig, viel Kontakt zu Familie und Freunden, gibt nichts besseres. Beginne aber zumindest im Kopf mal mit einer neuen Ausrichtung als Fotograf. Brauche mehr Profilschärfe. Analog als vorrangiges Medium und Portrait, Dokumentation und halt freie Sachen als thematische Schwerpunkte wären schonmal Ansätze. Back to the roots eigentlich. Aber eine gute Erkenntnis. Zu viel zu wollen, um irgendwas abzugreifen, ist nicht zielführend. Also erstmal Archive wälzen, viel aussortieren, Website erneuern, Kanäle strukturieren. Und ein Buch hätte ich ja auch noch zu veröffentlichen.
- Tagebuch: 22.02.19 ———
Blut abnehmen, Zahnarzt, Magenstechen, spazieren, Vorhänge gekauft, Twix.
- Tagebuch: 23.02.19 ———
Heute Bettgestell und Eckbank in den zweiten Stock getragen, danach fast vor Erschöpfung zusammengebrochen. Aber immerhin. Sonst bin ich recht fit aktuell, muss aber mehr Sport machen. Meine, wie Anselm sie nennt, Pommesbeine, sind durch die Therapie erwartungsgemäß noch klappriger geworden. Wie Mikado-Stäbchen. Will auch ständig mehr Lesen. Tobi empfiehlt Schopenhauer als Lektüre. Vielleicht ein ganz guter Kontrast zu Punkt 12.
Sonst heute recht ruhig. Erste Bildauswahlen für die überarbeite Website getroffen und Wocheneinkäufe für die nächsten Tage geplant.
- Tagebuch: 27.02.19 ———
Gerade Joghurt mit der Ecke gegessen. Dabei läuft der letzte Beutel für heute, Etoposid. Erster Tag Zyklus 5 (von 6), da dauert es immer etwas länger und ist auch recht anstrengend, da hier gleich zu Beginn das richtig giftige Zeug angesagt ist. Das Doxorubicin beispielsweise. Läuft das nicht in die Vene, sondern daneben in das umliegende Gewebe, muss dieses aufgrund der starken Verätzung herausgeschnitten werden. Ja, uff. Nachdem bei mir aber alles über den Port (Infos dazu hier) läuft, bin ich da sehr safe. Und ausserdem – Joghurt mit der Ecke. Geil.
- Tagebuch: 01.03.19 ———
Schon ist März.
- Tagebuch: 05.03.19 ———
Letztens wieder Pastewka durchgeschaut. Banal aber doch recht kurzweilig und unterhaltsam. In Staffel 9 gehts unter anderem um die fiktive Sat1-Show „das große Promibumsen“ mit Hugo Egon Balder. Paar Tage danach kurz ins TV gezappt, auf Sat1 läuft um 20:15 Uhr „das große Promi Flaschendrehen“ mit Hugo Egon Balder. Bald sind wir wohl angekommen. Bin kurzzeitig depressiv verstimmt.
Zyklus 5 soweit ohne Probleme. Bin zunehmend schwach, Hämoglobin kratzt an der 8er Marke. Morgen an Tag 8 des Zyklus bin ich planmäßig sowieso in Erlangen für die Infusion des Bleomycin und Vincristin, da werde ich mir zur Stabilisierung auch gleich ein, zwei Beutel frisches Blut geben lassen, was ganz unkompliziert ist, sich aber knappe zwei Stunden hinzieht. Aber wofür hab ich schließlich die teuren Bluetooth-Kopfhörer gekauft. Danach soll das Befinden aber merklich besser sein. Eigentlich wie beim Blutdoping der ganzen Wintersportler, so stell ichs mir vor. Werde berichten.
Jetzt erstmal, wie so oft, selbst Pizza gebacken. Frischer Teig, wenige aber frische Zutaten, einfach perfekt.
- Tagebuch: 06.03.19 ———
Blut erst morgen, muss noch aufbereitet werden. Schwester auf Therapiestation fragt mich, was ich denn für eine Frisur hatte, sie kenne mich ja nur so. „Ganz normale, blonde, kurze Haare“, sage ich. „Naja, sie haben ja eigentlich eine ganz nice Kopfform, sieht auch so gut aus!“ – „Ja schon, etwas Bart wieder dazu und dann kann ich nicht meckern.“
- Tagebuch: 09.03.19 ———
Die erste Packung Pantoprazol (Magenschutz) ist leer. 100 kleine Tabletten, jeden Morgen direkt nach dem Aufwachen eine auf nüchternen Magen. 100 Tage Therapie rum.
- Tagebuch: 09.03.19 #2 ———
Schöner Waldspaziergang. Der Boden ist ganz angenehm weich. Wie mein Brustkorb, da wo das Stückchen Knochen herausgeschnitten wurde. Jetzt regnet es gleich wieder. Zeit für selbstgemachte Pizza. Heute mit Cheesy Crust.
- Tagebuch: 13.03.19 ———
Sitze gerade in der Sonne im Park. Irgendein Park hier halt, alle gleich. Zweckmäßig. Macht man so mit Status Patient. Langsam über die Parkanlagen schlurfen und in der Sonne sitzen.
Ne, geht eigentlich sehr gut momentan. Blut akzeptabel. Befinden gut. Heute wieder etwas taube Fingerspitzen, vergeht wieder. Fast keine Haare mehr an den Beinen, wie ein Schwimmer.
Eine Woche Pause wieder, dann schon der geplante Endspurt. Werde wieder produktiver. Website nimmt Form an, Texte fehlen noch. Neue Filme und Chemie bestellt. Viel Kontakt zu neuen und alten Freunden, was toll ist.
Jetzt: Mamiya 645 und Pearl Jam. Genug geschlurft.
- Tagebuch: 14.03.19 ———
Bin heute müde und schlaff und alles tut weh. War zu erwarten, in der dritten Woche gibts ja auch kein Kortison, welches wiederum zwar aufgedreht macht wie Speed aber eben auch Schmerzen und Entzündungen hervorragend hemmt. Und beim kalten Entzug zwickt und zwackt dann zwei, drei Tage lang erstmal wieder alles. Ganzer Körper total empfindlich einfach. Wie eine überreife Banane, in die man an einer Stelle leicht reindrückt und die dann sofort dunkel wird.
- Tagebuch: 15.03.19 ———
Heute sehr viel geschnarcht. Jetzt kurz beim Netto.
- Tagebuch: 18.03.19 ———
Oma hat uns heute einen Teil ihres Schmucks geschenkt. Für den Fall, dass sie „nichtmehr lang da ist“. Dabei isst und trinkt sie noch für zwei. Überlebt uns bestimmt alle, aber wird halt langsam etwas schrullig.
- Tagebuch: 20.03.19 ———
Zyklus 6 Tag 1. Total kaputt. Bisschen Länderspiel gucken und gleich ins Bett. 1:0 Serbien. Lieber direkt ins Bett.
Olga sagt, heute war der letzte erste Tag.
- Bazaar ———
Brauche neuen Input. Makina 67 geordert.
Suche weiterhin: Contax G2, Fujifilm GA645zi.
Zu verkaufen: Mamiya 645 Pro TL mit 80mm 1.9, Konica Hexar AF.
Gerne melden.
- Tagebuch: 22.03.19 ———
Heute beim Edeka an der Kasse, hinter mir die Schlange. Kassiererin: „Zweisieb’nervierzich.…Sagn’s, was is‘ ’ner mit Ihnen?“ – „Krebs“ – „Ah, des hab‘ i’mer ‚dacht, des hab‘ i glei‘ g’sehn.“ – „Ja, aber fast durch, bin bald wieder fit.“ – „Ja, ich kenn‘ doch mei‘ Leut. Na dann drück‘ ich die Daumen, toi toi toi!“
Bleib immer wie du bist, Zabo!
- Tagebuch: 25.03.19 ———
Das Wetter passt heute zu meiner Stimmung, wechselhaft. Wie ich mittlerweile weiß, haben die Blutwerte, insbesondere das Hämoglobin (Hb), unmittelbar Einfluß darauf. Also nicht nur auf die physische Verfassung (Erstmal halbe Stunde hinlegen nach Treppenaufstieg in den zweiten Stock), sondern auch auf den Gemütszustand. Wenig Hb = schlechte Laune, keine Lust, kein Antrieb. Wer also das nächste Mal so gar keinen Bock auf den Besuch der Schwiegereltern oder den nervigen Hausputz hat, dem kann ich nur einen Besuch beim Hausarzt anraten. Ist höchstwahrscheinlich das Hämoglobin.
Sonst alles gut. Repros geschossen für die Website, Farbchemie geordert, werde auch Farbfilme wieder zuhause selbst entwickeln. Scheiss auf teure und langsame Labors. Heute gibt es selbstgemachte Frühlingsrollen. Viel zu schnippeln.
- Tagebuch: 29.03.19 ———
Gestern Leukozyten auf historischem Tief mit 190/µl. Das ist so niedrig, da braucht man sich nicht mal was einzufangen, da entzündet sich gefühlt alles von alleine. Was essen, am nächsten Tag ganzer Mundraum entzündet. Kurz in der Nase gepopelt, direkt entzündet. Mit den Fingernägeln irgendwas rumgefrickelt, alle entzündet. Vormittags kurz durchs Privatfernsehen gezappt, spontan selbstentzündet.
Alles nicht schlimm, aber macht ungemein aggressiv auf Dauer. Werte steigen heute aber schon wieder. Puh.
Zwei Filme mit der Makina geschossen. Bericht folgt. Momentan noch mit dem ungewohnten Handling überfordert. Potentiell aber extrem geil. Bin aber auch zudem noch total drauf vom Kortison und wieder hibbelig ohne Ende.
Morgen Wald hinterm Haus, dort wo so viel abgeholzt wurde, ein paar schöne Baumscheiben und Äste zum Basteln von Hockern, Tischchen und Lampen besorgen.
- Tagebuch: 31.03.19 ———

Einmaliges Wetter zur Zeit. Meine Blutwerte sind ganz passabel und meine Laune ausgezeichnet. PET-CT erst Mitte April, bis dahin also viel Zeit zum Erholen. Viele Treffen mit Freunden stehen an. Kleine Jobs, neue Website fertigstellen, neue Fotoprojekte angehen. Ein Künstlerbuch zu diesem ganzen verrückten, abgefuckten Mist der letzten Monate ist in Planung. Wohnung etwas verschönern, Gefundene Baumscheiben zu Tischchen schreinern, Portfolios verschicken, Prints anfertigen. Wieder mehr mit Olga unternehmen. Und so weiter. Mal sehen, wieviel davon klappt. Angeschlagen bin ich schon noch. 20 Wochen stärkste verfügbare ambulante Chemo zehren halt schon und wirken noch einige Zeit lang nach vermute ich. Aber Wetter gut, Laune gut.
- Tagebuch: 03.04.19 ———
Merkwürdiger Tag heute. Wollte früh Spiegeleier machen. Lege Eier auf die Arbeitsplatte, stoße versehentlich ans Holzbrett dass daneben an der Wand lehnt, das fällt um und 4 Eier flatschen durch die Küche. Danach Mittagessen. Stelle Wurst, Käse, Brot, Butter, Gurkenglas, Teller und Besteck auf das große Holztablett. Auf dem Weg von Küche ins Wohnzimmer zerbricht das Billigteil in meinen Händen und der ganze Kram bedeckt den Flurboden. Kleine Glassplitter und Senfkörnchen treiben jetzt auf einem See aus Essig-Zucker-Wasser und umschiffen die dicken Gurken, die zwischen Schuhen und Routerkabel verteilt herumliegen.
Nachmittags dann Regale an der Wand im Flur anbringen. Leider machen unsere Altbauwände mal wieder was sie wollen. Die ersten 3 Löcher gelingen wunderbar, beim letzten treffe ich mal wieder einen Hohlraum und sofort klafft ein unförmiges Loch von der Größe eines Golfballs in der Wand. Projekt erstmal pausiert. Wird wie so oft wieder aufwändiger. Fuck Altbauwände. Abends dann noch beim Abspülen die Spülbürste glatt in der Mitte durchgebrochen. Naja.
Ach ja, Chemotherapie geschafft. 20 Wochen voll drauf. Jetzt erstmal ein paar Tage zur Ruhe kommen. Mitte April PET-CT, dann mal sehen ob noch was zu tun ist.
- Tagebuch: 04.04.19 ———

Heute was fürs Gewissen getan und die Jahreskarte für den Tiergarten doch noch genutzt, bevor sie übermorgen ausläuft. Puh.
- Tagebuch: 10.04.19 ———
Bin gerade draußen unterwegs und muss mir alle paar Minuten die Tränenflüssigkeit aus den Augen wischen, sonst seh ich nur verschwommen. Schon scheisse ohne Wimpern.
- Tagebuch: 10.04.19 #2 ———

Im kleinen Fotoladen 4 Wochen auf die Entwicklung einer Rolle 120er Diafilm gewartet, heute dann noch 8,95€ dafür abgeknöpft bekommen. Gut, dann halt auch E-6 in Zukunft zuhause. Frechheit.
- Tagebuch: 13.04.19 ———
Heute früh ein kurzer Spaziergang und ein paar Fotos geschossen. Dabei an meiner alten Schule vorbeigekommen und ein wenig über den Hof geschlendert. Viele gute Erinnerungen. Allerdings wurde dort die letzten Jahre viel investiert, die Gebäude saniert und Anbauten dorthin gesetzt, wo wir früher heimlich geraucht haben. Naja. In Gedanken versunken wurden meine Augen etwas wässrig, für einen kurzen Moment hatte ich das Gefühl, das große Ganze und alles Andere verstanden zu haben. Doch dann wars gleich wieder weg. Ich hab die volle Filmrolle aus der Mamiya genommen und eingesteckt, bin nach Hause gefahren und hab Sommerreifen aufgezogen. Nächste Woche TÜV und Kundendienst. Ist ja auch wichtig.
- Tagebuch: 15.04.19 ———
Musste heute früh fast zwei Stunden auf das PET-CT warten, weil die FDG-Kontrastlösung erst gegen 10 Uhr angeliefert wurde. Aus Rache bin ich dann in der Röhre während dem Scan eingenickt und habe laut ins Mikrofon geschnarcht.
- Tagebuch: 17.04.19 ———
Heute wieder an der Kasse beim Edeka: „UND………WIE?!“
- Tagebuch: 18.04.19 ———
Neues Problem: Plötzlich stark gestiegener Verbrauch an Sonnencreme.
Befinden wunderbar. Aktuelle PET-CT sieht gut aus, eine einzelne Stelle zeigt noch einen leichten FDG-Uptake über Leberniveau, welches als Referenz dient. Alle andere Lymphknoten unauffällig. Anders gesagt: noch ein kleines Fitzi übrig, wird weggestrahlt. Insgesamt aber sehr positiver Verlauf soweit.
Morgen gibt’s Fisch mit der Familie.
- Tagebuch: 20.04.19 ———

Erste Eindrücke aus der Plaubel Makina 67. Ausgezeichnet und auf Augenhöhe mit der Mamiya 7. Formschöner allemal.
- Tagebuch: 23.04.19 ———

Alles bestens, viel zu tun. Freitag Besprechung Befund PET-CT in der Med5, Montag darauf Vorbesprechung in der Strahlenklinik. Heute Regale an die Wand gebohrt. Neue Steinbohrer zerlöchern die bröckeligen Altbauwände sauber und gerade.
- Tagebuch: 24.04.19 ———
Haben den ganzen Vormittag den Dachboden von Oma ausgeräumt. Originalverpackte Kaffeemaschinen aus 3 Jahrzehnten. Mannshohe Skulpturen aus Umzugskartons und Verpackungen. Avantgardistische Mobile und Traumfänger aus ineinander verhakten Bügeln aller Art. Zwei Zylinder, einer faltbar.
- Tagebuch: 04.05.19 ———

Ja, habs ein paar Tage schleifen lassen. Hier und da schleicht sich der Alltag wieder ein, was wohl ein gutes Zeichen ist. Letzten Montag nach erfreulich kurzer Wartezeit ein ausführliches Vorgespräch in der Strahlenklinik in Erlangen. Geplant sind 30 Gray Strahlungsdosis gesamt, verteilt auf 3 Wochen à 5 Werktage. Ergo 2 Gy täglich. Klingt viel, allerdings dauert die eigentliche Bestrahlung nur 2 Minuten. Dadurch wäre ich gegen 10 Uhr vormittags schon wieder daheim, was super praktisch wäre, denn da stehen die ganzen faulen Studenten gerade mal langsam auf. Nebenwirkungen muss man mal abwarten, ich berichte. Übelkeit, Hautreizungen, Schluckbeschwerden und sowas. Mögliche Spätfolgen Schädigung von Herz, Lunge, Knochen. Wuff. Muss man leider in Kauf nehmen und das beste draus machen. Sagt sich leicht, aber tatsächlich muss man einfach durch.
Nächste Woche werde ich vermessen und gescannt, im Anschluss wird für die Therapie eine individuell angepasste Brustplatte gefertigt, die die Röntgenstrahlung gezielt nur an der gewünschten Stelle auf dem Torso durchlässt. Meine eigene Endgame-Armour sozusagen. Bilder folgen sobald ich es hinbekomme.
Sonst geht es mir soweit ausgezeichnet, ich bin quasi beschwerdefrei. Natürlich noch recht kraftlos und ausdauerschwach, nach jeder Radtour bin ich platt. Langsamer Aufbau ist angesagt. Hier und da zwickt und zwackt alles mal. Viel vernarbtes Gewebe jetzt dort drinnen, welches der Körper jetzt langsam abbauen muss. Außerdem wächst mein Bart schon wieder recht kräftig. Hellweiß. Aber immerhin seh‘ ich nicht mehr aus wie ein Nazi, sondern wie ein White-Walker-Nazi. Es geht also bergauf.
Die letzten Tage haben wir viel mit Familien und Freunden gemacht, was wunderbar viel Kraft gibt. Olga möchte auch etwas ins Fotografieren reinschnuppern, weswegen wir eine kleine APS-C-Canon besorgt haben. Bis auf den kleineren Sensor schon brutal, was die mittlerweile können. 24MP, Klapp-Touch-AF-Display, WLAN, NFC, Dual Sim, Apple Pay, CAN Bus und Glasfaser glaube ich. Auf jeden Fall quasi alles was man braucht und irgendwann mal brauchen könnte.
Ich war weiterhin fleißig und die neue Website ist quasi fertig, minimales Feintuning fehlt noch. Danach erstmal die Werbetrommel rühren.
Heute und morgen ist aber erstmal wieder Familie angesagt. Zwei Geburtstage. Essen, Essen, Essen.
- Tagebuch: 05.05.19 ———

Richtig schönes Wochenende gehabt.
- Tagebuch: 09.05.19 ———
Termine Termine.
- Tagebuch: 26.05.19 ———
Tatsache, zwei Wochen ist der letzte Eintrag schon her. Verärgerte Leser machen ihrem Unmut Luft. Naja, so schlimm nicht ganz. Aber ja, hab’s schleifen lassen. Muss auch mal sein. Was gibt es Neues?
Bestrahlung hat begonnen, bereits eine von insgesamt drei Wochen sind geschafft. Nebenwirkungen bis jetzt keine. Bin nur hier und da etwas hüstelig, was Olga sehr nervt aber sonst nicht weiter stört. Also mich. Wir sind viel bei Familie und Freunden und genießen das Wetter bei Pizza, Gemüsepfanne, etwas, das sich Kumpir nennt bei Julia in Regensburg und viel Kaffee und Kuchen.
Durchaus erwähnenswert ist der tägliche Ablauf der Bestrahlung. Gleichermaßen beruhigend und angsteinflößend. Zunächst einmal schon skurril und zugleich praktisch: Patienten bekommen eine Chipkarte und melden sich am Terminal des Infoschalters an und ab wenn sie kommen und gehen. „Kommen sie gut nach Hause“, ertönt eine Computerstimme beim Abmelden und erinnert mich daran, dass der Fahrer den Caddy gleich wieder ohne Rücksicht auf Verluste und wie ein Gejagter über die A3 peitschen wird, während ich mir die Ironie ausmale, ganz wunderbar vom Lymphom geheilt zu sein, nur um dann bei Nürnberg-Nord irgendwo am Baum zu kleben. Aber praktisch ist das System, das auch unweigerlich an eine Stechuhr im Werk oder im Büro erinnert, durchaus.
Erfreulicherweise funktioniert das digitale Patientenhandling auch ganz ausgezeichnet, bis jetzt musste ich höchstens 10 Minuten in Wartebereich B warten, bevor ich aufgerufen wurde. In einer der vier Kabinen lege ich mein Zeug wie Schlüssel, Handy, Foto ab und nehme Handtuch und Terminplan-Heftchen aus der Tasche. Oberkörper frei und ohne Schuhe folge ich dann der überraschend attraktiven Assistentin durch einen kurzen Gang. Es riecht nach Eukalyptus und Lavendel und leise Harfenklänge liegen in der Luft. Ich komme mir tatsächlich vor wie im Spa und laufe also besagten Gang entlang, halbnackt mit Handtuch über der Schulter und freue mich auf den nächsten Aufguss. Dieser entpuppt sich leider als überdimensionaler Linearbeschleuniger und ich bin etwas enttäuscht. Aber auch schön, denke ich mir, und lege schon mal mein Handtuch auf die Liege, bereit zur Teilchen-Massage. Nachdem die hübsche Helferin und ihre durchschnittlichen Kolleginnen mich etwas exakter positioniert haben, wird per Laser ein Netz auf meinen Oberkörper geworfen und der Computer übernimmt. Alle verlassen hastig den Raum, daran merke ich, dass es gleich losgeht.
In einem kurzen Scan wird (so schätze ich mal) meine Lage exakt erfasst und die erforderlichen Bewegungen des Kopfes des LINAC (engl. linear accelerator) errechnet, bevor dieser einmal über meiner Brust im Halbkreis um mich herum und wieder zurück fährt und dabei Geräusche macht wie Skrillex feat. GLaDOS aus Portal 2. Interessanterweise werde ich nicht nur in 3 (x, y, z), sondern in 4 (t ) Dimensionen bestrahlt, da sich die Lage des Tumors ja mit meiner Atembewegung ständig ändert und der Strahlengang bzw. dessen Intensität somit quasi live moduliert werden muss. Good times of our lives.
Tja, und nach sage und schreibe 2 Minuten ist die Session vorbei. Anziehen, neuer Termin für den nächsten Tag, ausloggen („gut nach Hause!“), rein in Mahmuts weißes Geschoss und ab auf die Autobahn. Die Fahren sind hier tatsächlich das Längste und nach insgesamt einer Stunde bin ich wieder zuhause und kann endlich diesen Eintrag schreiben, bevor ich mich über die Reste des Kuchens hermache.
- Tagebuch: 30.05.19 ———
Heute geträumt: Auf Geburtstagsfeier des Schwagers. Ich hab vergessen, was wir ihm schenken. Und daheim vergessen haben wir’s auch. Zusammen mit den Schaschlikspießen und der Logitech M500 Maus für den Schwiegervater, die ich extra bestellt hatte. Also beschließe ich schnell zu Fuß zu gehen und die Sachen zu holen. Dazu muss ich den ganzen Berg runter laufen. Unten angekommen stehe ich vor dem Rathaus, wo sich einige Leute mit Bürgermeister Michi unterhalten. Michi wünscht mir viel Erfolg für’s Krankenhaus. Danach bin ich bei einer russischen Ärztin, die mir ganz passable Blutwerte bescheinigt. Um die wiederum weiter so gut zu halten, soll ich regelmäßig Rosmarin zu mir nehmen. Tja.
- Tagebuch: 04.06.19 ———
Habe die vergangenen Tage Chernobyl auf Sky geguckt und seitdem irgendwie ein mulmiges Gefühl bei den Bestrahlungsterminen. Sind aber zum Glück nur noch drei.
- Tagebuch: 13.08.19 ———
Erster Tag der Reha. Werde schätzungsweise die nächsten Abende viel Zeit haben, nach dem Essen gegen 18 Uhr ist hier im Dreiländereck nicht viel los und es gilt, sich selbst zu bespaßen. Kein Problem – eine top Gelegenheit, die vergangenen Monate zu verschriftlichen und aus der stetig wachsenden Menge an Bildern mal wieder etwas zu bloggen. Bis morgen also.
PS:Im Rahmen des Umzugs zu All-Inkl sind die letzten drei Einträge abhanden gekommen (habe kein ganz aktuelles SQL-Backup eingespielt). Daher hier der Vollständigkeit halber einfach angehängt:
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Tagebuch: 18.07.19
Ja, wie geht’s mir denn? Ganz gut aktuell kann ich sagen. Die letzte Bestrahlung ist nun schon 6 Wochen her. So richtig weiß momentan niemand, ob ich bereits vollständig gesund bin (aka. in “Vollremission”), denn die nächste CT steht erst in 2 Wochen an. Laut Arztbrief aber als “Nachsorge”, was natürlich ordentlich Rückenwind gibt. Diese lange Zeit von etwa 8 Wochen wird abgewartet, da vor allem die Bestrahlung noch sehr lange im Körper nachwirkt und allerlei Um- und Abbauprozesse im Gange sind, die zum jetzigen Zeitpunkt eine Bildgebung verfälschen würden. Dieses Gewurschtel (optisch nahe am Mind Flayer aus Stranger Things) spüre ich auch ab und an von Brust bis Rachen, etwa durch Halskratzen oder einen “heißen Atem”, wie man ihn bei ‘ner Erkältung hat.
Immerhin schaffe ich schon gut 20km auf dem Rennrad. Knödelig und kunterbunt düse ich durch den Reichswald hinterm Tiergarten und kann schon fast mit den Omis auf ihren E-Bikes mithalten. Bin ganz begeistert ob meiner neu gefundenen Sportivität und Olga und ich feiern mit regelmäßigen Besuchen bei wahlweise Angelo Eis oder Luisa’s Eissalon.
Fotojobs werden konstant mehr und bin tatsächlich schon wieder auf Trello angewiesen, um den Überblick zu behalten. Was natürlich toll ist. Auch ein tolles neues Studio/Atelier/Galerieraum ist in Aussicht hier im Süden der Stadt. Zusammen mit Anika plane ich, endlich wieder Fototreffs abzuhalten und Workshops zu planen. Ausserdem könnten Olga und ich endlich eine Galerie für zeitgenössische Fotografie in Nürnberg gründen, was großartig und auch überfällig wäre. Nürnberg bzw. Franken ist hinsichtlich Fotografie einfach richtig scheisse aufgestellt, muss man so sagen.
Und zur Krönung haben wir gestern das Bachelorette-Opening mit super gutenFreunden gefeiert.
Tagebuch: 10.07.19
Heute wieder Gelbe Säcke runtergebracht. Daran merkt man, wie schnell das Jahr vergeht. “Abfuhrplan Gelber Sack 2017 — 2019”. Einfach mal in größeren Dimensionen denken.
Tagebuch: 08.07.19
Habe beschlossen, wieder mehr zu schreiben hier. Wie etwa diesen Eintrag. Neues folgt in Kürze.
- Tagebuch: 20.08.19 ———
Reha läuft soweit. Die ruhig gelegene, etwas in die Jahre gekommene Anlage bietet ein ganz gutes Programm, ich mache viel Gerätetraining, Wander- und Radtouren. Letzteres ist mit dem Renncrosser leider nur bedingt möglich, da wir hier auf dem höchsten Punkt weit und breit liegen. Alle Strecken sind steil und unwegsam. Werde aber diese Woche mal ein E-Mountainbike ausleihen. Auch das Essen ist ziemlich gut. Kommt natürlich auf die eigenen Ansprüche an. Ich finde es durchaus ok. Allerdings gab es vorgestern keine Salatbar zum Mittagessen, die graue, wackelige Menge tobte.
Übrigens war das CT vor 3 Wochen gut und ich bin gesund. Puff. So einfach.
- Tagebuch: 23.08.19 ———
Der Sommer ist fast rum. Chefarzt und ich sind uns einig, meine Reha um 3 Tage zu verkürzen, weil ich schon wieder „zu gesund“ bin. Was mir ganz gelegen kommt. Mein Programm hier ist so vielfältig wie die Leute. Nordic Walking, Physio, Atemübungen, Qi Gong, Ernährungsberatung. Von sehr interessant und bereichernd bis überflüssig. Eben wie die Leute. Von Schnösel bis Vollassi alles dabei. Krank und zum Glück auch wieder gesund wird halt jeder mal.
Habe aber auch viel Zeit für mich, die ich zum Wandern, Radeln, Fotografieren und für Akquise nutzen kann. Tatsächlich kommt bereits jetzt überraschend gutes Feedback. Was noch nichts heißen mag, aber es ist ein Anfang. Aber zurück zur Reha. Das mitgebrachte Rennrad war wohl ein leichter Anflug von Übermotivation. Die Gegend hier ist ziemlich herausfordernd. Auf der Straße in die Stadt runter geht es plan aber abschüssig, was den Rückweg zur Herausforderung macht. Die Waldwege hinterm Haus wiederum sind im Gegensatz dazu unbefestigt, steinig und matschig. Und natürlich genauso steil. Toll zum laufen mit dem Rennrad über der Schulter. Naja. Lege ich mich lieber raus in die Sonne. Und um 17.30 Uhr gibt’s schon wieder Abendbrot.
- Tagebuch: 28.08.19 – Notizen aus der Reha I ———
Ich nehme mittags und abends gerne reichlich Salat von der Salatbar. Mir ist aufgefallen, dass ich den Blumenkohl immer als letztes esse. Ein eingelegtes Gemüse mit derart anmutigen bernoullischen Formenschwüngen hat etwas zusätzliche Verweildauer auf meinem kleinen Salatteller verdient, nehme ich an.
Wo ich gerade bei Salat bin, selbigen gab es (wohl aufgrund Knappheit am Wochenende) an einem Samstag mittag ausnahmsweise nicht wie gewohnt zum Hauptgericht dazu. Die Menge wurde spürbar unruhig und ich glaub es flogen auch einige Krücken in Richtung des Personals.
Vortrag zum Thema „Selbstheilungskräfte“ (!) (Heißt hier Seminar, damit sich nicht direkt alle wieder abmelden nehme ich an). Der durchaus sympathische Chefarzt fragt in die Runde: „Na, wer von den hier Anwesenden sagt sich schon mal selbst ab und an: ‚Ich liebe dich!‘, seien Sie ehrlich.“ Antwort aufs dem Off der hinteren Reihen: „KEINER!“
Wird noch besser.
- Tagebuch: 30.08.19 – Notizen aus der Reha II ———

Mache hier ziemlich viel Sport, was gut tut. Ich werde spürbar fitter. Gewichte werden mehr, Wanderungen länger. Das Training für alle beginnt üblicherweise mit ein paar Minuten auf dem Ergometer, etwa zwei mal fünf oder zwei mal fünfzehn Minuten. Dabei wird in Abständen der Puls kontrolliert und im Trainingsbuch vermerkt. Vor ein paar Tagen fährt am Gerät neben mir eine Frau um die 50. Sie pausiert nach einiger Zeit, um ihren Puls aufzuschreiben. So scheint zumindest der Plan, denn sie hat ihr Trainingsbuch vergessen. Kurzerhand leiht sie sich vom Hintermann den Kuli, zückt eine Schachtel Marlboro aus ihrer Tasche und notiert sich den Puls einfach darauf. Das ganze hat sich dann ein paar Mal wiederholt und ich war fasziniert. If it’s stupid but it works, it’s not stupid.
„Pfui Deibel!“, raunzt mich der langhaarige, bemützte, ganz in schwarz gekleidete und in seinen Sandalen mit natürlich schwarzen Socken etwas behäbig und leicht gebückt gehende Berufsalkoholiker an, als ich abends in der Cafeteria ein alkoholfreies Helles bestelle. Ich sehe ihn hier jeden Tag wie er von 18 bis 21 Uhr mit gleichbleibend hoher Schlagzahl Weizen presst und frage mich, ob die Betankung in seinem Trainingsplan steht oder ob er nicht sogar hier arbeitet, so als Unterhalter. „A kastriert’s Karmeliten, Pfui Deibel!“
Apropos Unterhaltung: Alleinunterhalter Hans-Georg sorgte letzten Sonntag für Stimmung und in besagter Cafeteria wankten unsicher aber rhythmisch ältere Herren in Adiletten über den Fliesenboden. Dazu Damen fortgeschrittenen Alters, die ihre mutmaßlich extra im Kleidersack verpackten, aber dennoch angestaubten weil jahrelang nicht getragenen Abendroben zur Schau tragen. Ich nehme einen tiefen Zug des in der Luft liegenden Tosca-Nebels und einen Schluck vom Karmeliten (!) und freue mich, wie sympathisch normal das hier alles ist.
- Es geht… ———
…bald wieder los, so der Plan. Das Jahr war verrückt, oder? Herausfordernd und turbulent. Hier herrschte Stillstand, Arbeitsbedingt, coronabedingt, umstandsbedingt, bedingt halt. In meinem Notizbuch herrschte allerdings kein Stillstand, überall türmen sich Ideen. Große und kleine, Gedanken und Scribbles für Texte und Anekdoten.
- Durch die Flammenwüste zur Edelsteinhöhle aus Dinosaurierknochen ———
Das war heute das Hauptthema im Kinderzimmer. Nein, nicht in unserem, wir haben ja keines, also noch nicht. Unser Patensohn Mike ist 7 geworden.
Macht sich auf diese Weise nicht auch die eigene Vergänglichkeit und sowieso die Endlichkeit aller Dinge bemerkbar, durch den halben Kopf, den Patenkinder jedes Mal in die Höhe geschossen sind, wenn man sie nach ein paar Monaten mal wieder sieht? Ja, vielleicht. Oder vielleicht auch durch die vielen Corona-Toten seit mehr als einem Jahr. Hoffentlich wird’s bald Sommer.
Mehr als ein Jahr ist übrigens auch mein letzter Eintrag her, das kleine Lebenszeichen im Dezember mal ausgenommen. Dennoch gibt es hier auf dem Blog noch Tausende Besucher jeden Monat, ich bekomme immer noch auf diversen Kanälen Zuschriften zu meiner Genesungs-Dokumentation, mittlerweile aus aller Welt. Nicht zuletzt deswegen ist ein kurzes Update diesbezüglich mehr als überfällig. Und ein bisschen auch, um die mögliche Schande eines ganzen Jahres ohne einen Blogeintrag jetzt schon abzuwenden. Ist immerhin schon März, das Jahr fliegt dahin.
Also, direkt vorweg, ich bin gesund. Sogar richtig gesund, meine Blutwerte der NU7 (die siebte Nachuntersuchung, mittlerweile nicht mehr im Turnus eines Viertel-, sondern eines halben Jahres) lesen sich wie aus dem Lehrbuch. Hätte ich vor zwei Jahren auch nicht dran geglaubt. Bisher waren aber alle NU’s zufriedenstellend, wenn auch mit einem kurzen Holperer. Nach der NU6 wurde ich wie immer nach der Blutabnahme nach Hause geschickt, „wenn Sie nichts mehr von uns hören, passt alles“. Wir also guter Dinge raus ins Grüne, also den Zabowald hier, danach rein ins Blaue, also den Mix-Markt in Langwasser. Gurken kaufen. Als wir abends nach Hause komme, schließe ich die Tür auf, blicke zum Sideboard, sehe das rote Lämpchen des Anrufbeantworters blinken und höre im selben Moment mein Herz auf dem kalten Boden aufklatschen. „Erlanger Nummer“, sagt Olga, und ich weiß natürlich, das kann nur die Uniklinik sein. Beim Rückruf wird mir erklärt, zwei Blutwerte wären etwas auffällig, zur Sicherheit doch noch mal ein CT. Machen wir nächste Woche einen Termin aus. „Scheisse, bestimmt wieder Krebs. Und ich Depp kauf Salzgurken“, denke ich. Ich erzähle es Olga, wir liegen uns in den Armen und weinen. Eine ganze Weile.
Die nächste Woche erlebe ich wie in Trance. Keine Ahnung mehr, wie wir die Tage rumgebracht haben, und erst recht keine Ahnung, wie wir das damals, 2018, mehrere Monate von erstem Verdacht bis zum Therapiebeginn durchgehalten haben. Geht halt dann doch weiter, immer, irgendwie. Schlechter Trost.
Morgens CT, bis zum Nachmittag keine Rückmeldung. „Noch kein Rückruf, bestimmt bin ich wieder krank, die beraten sich schon wie es weiter geht“, sage ich zu Olga. Ich rufe jetzt selbst an. Besser gesagt, Olga zwingt mich, ich denke bei sowas immer, solange ich nichts negative weiß, ist es noch nicht eingetroffen. Auch keine gute Lebensweisheit. „Oh hallo, ja, sorry…Moment..ich muss hier nur kurz…viel zu tun, da bin ich noch nicht dazu gekommen“, sagt mein Arzt am Telefon. Ärzte am Telefon sind unerträglich übrigens. Klingen immer neutral. Zum Einstieg des Gesprächs ließe sich nicht heraushören, ob man von einer Operation völlig genesen ist oder nur noch wenige Tage zu leben hat. Machen die sicher mit Absicht. „Sooo, da bin ich…entschuldigen sie…geht drunter und drüber hier, ich wollte sie ja schon…also ja, das CT ist sauber, alles wunderbar. Die Werte? Ja, das waren wohl nur Ausreißer, das passiert schon mal. Also dann, Tüdelü!“ Ob es ‚Tüdelü‘ oder ‚Auf Wiederhören‘ war, kann ich nicht mehr genau sagen, wir weinen schon wieder.
Soviel zur NU6. In der NU7 letzte Woche wurden besagte Blutwerte dann eben noch einmal kontrolliert, alles wieder im Normalbereich. Eine Sturzsenkung sorgte übrigens für diese Höllenwoche, also ein starker Anstieg der Blutsenkgeschwindigkeit (BSG) sowie ein erhöhter Laktatdehydrogenase-Wert (LDH, ein Indikator für absterbende Zellen im System). Kann aber durch Entzündungsreaktionen aller Art ausgelöst werden. Durch meine ganze Vorgeschichte ist da aber eben Aufhorchen angesagt. Ist ja auch ok. Und eine schlagartige Erdung wars allemal. In Sekundenbruchteilen vom Alltag in den Notlaufmodus. Naja. Jetzt wieder zurück im Alltag. Wieder etwas mehr aware, hat auch was Gutes. NU8 im Sommer.
Bis dahin folgt: eine Abarbeitung meiner wachsenden Sammlung an mildly interesting Gedanken und überflüssigen Beobachtungen. Die wichtigen Dinge des Lebens. Tüdelü.
- ICQ ———
Letztens fiel mir wie aus dem nichts meine alte ICQ-Nummer wieder ein. Zum Test hab ich mal versucht, mich einzuloggen. Ging sofort problemlos, nach gefühlt 15 Jahren. Tolle Erinnerungen, damals, als das Internet noch jung war.
- 2022-07-18 ———

2022-07-18
- Frühlingserwachen ———

Zurück aus dem Winterschlaf (nach 3 Jahren). Have fun.
Im DB-Werk
Kirchweih
Neustadt an der Aisch
Frühling 2022
Spaziergang am Dutzendteich, im Hintergrund die Kongresshalle.
—O—
Tim im Studio
Tradition
Salatkopf
Löwenzahn vor dem Haus. Mittlerweile sind wir eine Ecke weiter gezogen.
Wilder Mohn wächst vor dem Studio.
Tretboote auf dem Wöhrder See. In der Zwischenzeit veröffentlicht in chrismon
Knofi
Ist hier alles etwas wild sortiert gerade.
Hier war ich irgendwo in Deutschland unterwegs auf einem Job, weiß aber nicht mehr genau wo das war. (Schreibe diese Zeilen im Frühjahr 2025, das Bild ist aus 2022 )
Ingrid Hofmann und Tochter Sonja Heinrich, shot for ZEIT für UNTERNEHMER.
Randbezirke
In München für eine Geschichte für BISS, das Sozialmagazin der Stadt.
Dieter Kempf im ZOLLHOF, shot for manager magazin.
Knoblauchsland.